Kanadas Norden
Ab Dawson Creek erreichen wir die Umleitung innerhalb zwei Tagesetappen. Da lotst ein Pilotfahrzeug den Verkehr auf der provisorischen Strasse durch den Wald. Kurz davor ist Liard Hot Springs, eine der schönste Naturpool, was wir in Kanada gefunden haben. Es ist ein beliebter Zwischenstopp für Alaska Reisenden. Mitten im Wald versteckt kann man diese heisse Quelle für 10 CAD geniessen. Man gelangt nach einem kurzen Spaziergang auf einem Holzsteg, durch den Fichtenwald zu dem angenehm warmen Naturteich (42-52 °C). Wenn wir nur nicht gegen die vielen aggressiven Mücken kämpfen müssten, die hier und während den letzten Tagen uns begleiten…Wir probieren viele Mittel uns gegen diese Bestien zu schützen, von giftigen Mückenspray bis Ganzkörpernetzbedeckung. Mit mehr oder weniger Erfolg…
Im Watson Lake spazieren wir durch Nummernschilder-Park, die andere Reisenden hier aufgehängt haben. Den sogenannten «Sign Post Forest» hat 1942 ein heimwehkranker Soldat begonnen. Seither sind hier ca. 80.000 Schilder aus der ganzen Welt zusammengekommen. Das ist das einzige erwähnenswertes in dieser Kleinstadt. Schlafen werden wir bei den nicht weit gelegene Rancheria Falls.
Whitehorse ist die Hauptstadt der Yukon Territorium und der Mittelpunkt für Reisende. Hier hat man noch die Möglichkeit in grösseren Einkaufszentren die Vorräte aufzufüllen, bevor man in den dünn besiedelten Norden aufbricht. Auch wir erledigen die Einkäufe und machen einen kurzen Spaziergang durch die Stadt. Am anderen Morgen verlassen wir die Alaska Hwy und biegen auf die Klondike Hwy. ab. Vor uns liegen 533 km Wildnis bis Dawson City. Die Waldbrände sind erloschen, nur noch einzelne Rauchstellen, verbrannten Bäume und der Geruch in der Luft erinnern an das Feuer, was vor ein paar Tagen hier durch die Landschaft fegte.
An der Steward Crossing nehmen wir die Abzweigung auf den Silver Trail, der zu den kleinen First Nation Ortschaften Mayo und Keno City führt. Auf diesem Weg hoffen wir Wildtiere beobachten zu können. Mayo ist ein kleines Dorf in Yukon mit ca. 200 Einwohnern. Das Binet House Museum, was gleichzeitig die Visitor Center ist, erzählt die Geschichte der Region und die hier lebende Na-Cho Nyäk Dun First Nation. Seit die Silberminen geschlossen worden sind, ist das Leben hier sehr schwierig geworden. Das Ende der Silver Trail liegt 60km weiter, im Dorf Keno City. Die einst geschäftige Bergbaustadt zählt heute kaum zwei Dutzend Einwohnern, die in der letzten Mine noch Arbeit haben. Zwar hat die Gegend landschaftlich viel zu bieten wir verzichten bis zu dieser Ortschaft zu fahren.
Vor dem Abenteuer Demster Highway, machen ein paar Tage in Dawson City halt. Vor dem Visitor Center stehen immer Overlander zum Übernachten. Es genügt nur ein Blick auf das Fahrzeug zu werfen, um zu sagen, wer erst den Demster Gravelroad vor und wer schon hinter sich hat. Der wesentliche Unterschied liegt an der äusseren Erscheinung des Fortbewegungsmittels, genau gesagt, die einen sind relativ sauber, die anderen so richtig voll mit Dreck bedeckt. Wir können kaum erwarten diese Strasse zu fahren! Zuerst nutzen wir aber das schnelle Internet von dem Library, besuchen am Abend die Show im berühmte Diamond Tooth Gertis Gambling Hall, die älteste Spielcasino Canadas. Man zahlt 20 CAD für die Eintrittskarte, die dann ein Monat gültig ist. Es gibt drei verschiedene Vorstellungen jeden Abend. Nicht nur das Casino hat das Ambiente der Goldrauschzeiten, sondern auch die Tänzerinnen mit ihrem Cancan und Gertis Gesang versetzen uns in die Zeit, als Dawson City für alle die an Reichtum durch Gold Panning erhofft haben, noch eine ganz wichtige Rolle spielte. Ende des 19. Jahrhunderts erlebte die Stadt eine richtige Einwanderungsboom dank des Goldrausches, tausende machten sich auf die beschwerlichen Reise durch das Yukon Territory. Dawson entwickelte sich in kürzeste Zeit zu einer lebendigen Stadt mit über 40’000 Einwohnern. Heute leben hier nur noch gut 1’300 Leute an der Mündung des Yukon/Klondike River. Zwar sind die Goldrauschzeiten vorbei (zwar man kann immer noch Goldwaschen), wird versucht mit vielen Attraktionen Touristen anzulocken. Die Häuser sind original oder authentisch restauriert, die Innenstadt bewahrt eine echtes Western Flair und das grösste Dampfschiff die SS.Klondike thront noch heute am Ufer des Yukon. Einen atemberaubender Aussicht geniesst man auf die Stadt, den Yukon River und hinüber zum Top of The River, vom Midnight Dome Viewpoint. Dieser Aussichtspunkt bekam den Namen am 21. Juni 1899, als die erste Mitternachtssonne Beobachtung mit Pick Nick, hauptsächlich von Damen besucht, stattgefunden hat. Wir können sie verstehen, wir könnten keinen schöneren Ort vorstellen den Himmel zu beobachten!
Endlich geht es los! 874km Gravelroad…. Der Steinschlagschutz für die Windschutzscheibe wurde montiert, in der Hoffnung, dass uns keine Steinschläge Sorge bereiten. Was für eine wunderschöne Landschaft, geprägt von den violetten Fireweeds. Es sind die ersten Blumen, die nach einem Waldbrand wachsen, woher sie auch ihr Name bekommen haben. Sie ist ausserdem eine der Symbol im Wappen der Yukon Territorium. Es ist erstaunlich, wie sich in den kurzen Sommermonaten diese nordische Flora entwickelt. Die Landschaft besteht aus Taiga, Tundra auf dem Permafrost. Immer wieder wechselt zwischen den krüppeligen borealen Nadelwald und Sumpfgebiete, herrliche Flusstäler wo wir Wildtiere zu beobachten könnten. Wir halten öfter an, um eventuell Grizzlys zu beobachten. Leider lassen sie sich nicht blicken, sind eher scheu, nicht wie ihre Verwandte die Schwarzbären, die bekanntlich neugierig sind.
Am Abend kurz vor der Artic Circle treffen wir zufällig Monika und Andy, die schon auf den Rückweg sind und geniessen den Sonnenuntergang bei einem kleinem Apero zusammen. Ich muss mich manchmal kneifen, dass ich es merke, dass es hier kein Traum, sondern die reale Wirklichkeit ist!
Nach zwei Tagen kommen wir in Inuvik an. Die Stadt hat eine kurze Geschichte, erst im 1950-er Jahre war die kanadische Regierung der Meinung, dass der westlichen Arktis eine Verwaltungszentrum brauche. Früher lebten hier die Inuit (Eskimo) in Norden und die Dene (Indianern) im Süden. Der Bau einer Stadt auf dem Permafrost war eine grosse Herausforderung, völlig Neuland. Es musste alles entweder auf Pfählen gebaut werden oder auf einem drei Fuss langen Kiespad. Ein oberirdisches Wasser und Abwassersystem waren auch erforderlich. Die Häuser sind mit silberne «Utilidors» verbunden, die das Gas und Stromleitungen vom Permafrost wegtragen. Heute hat die Stadt ca. 3400 Einwohner. Es gibt zwei Hotels, einige Restaurante, ein Einkaufszentrum, Souvenir-Läden, ein Forschungslaboratorium, der Iglu förmige katholische Kirche. Leider macht sich hier auch (wie überall im Norden) schnell bemerkbar, dass die Uhreinwohner grosse Suchtproblemen haben. Fehlende Perspektive, die Umstellung auf eine andere Lebensform, oder wie auch immer, es ist ein trauriges Bild diese Verwahrlose Menschen zu begegnen. Es wird aber viel unternommen diese Menschen eine Sinnvolle Beschäftigung zu bieten. Wir beobachten z.B., bei der Inuvik Welcome Center eine Gruppe Frauen, die sich auf der Terrasse mit schöner traditioneller Handarbeit beschäftigen.
Die letzten 138 km zwischen Inuvik und Tuktoyaktok wurden im Jahr 2017 eröffnet, vorher war sie als Iceroad nur im Winter befahrbar. Eines müssen wir hier erwähnen…. von lauter Verwunderung vergessen zu fotografieren, es liegen auf etlichen Kilometer entlang der Strasse, mitten in der Taiga, Schneemobile kreuz und quer. Einfach nach dem letzten Schnee liegengelassen. Sie warten auf den nächsten Winter… Ob sie noch anspringen?
Einmal am arktischen Ozean zustehen es ist schon was Besonderes. Es ist der nördlichste Punkt der Panamericana, die wir von Nord nach Süd bereisen wollen. Wir weigern uns an der Spitze der Landzunge für Parkplätze mit Feuerstelle und Tische 60 CAD zu bezahlen. So schlafen wir mitten im Dorf neben einem Picknick Platz. Auf der anderen Seite steht, für die Öffentlichkeit zur zugängliche, ein mit Erde bedeckte Iglu. In solchen Behausungen haben die Ureinwohner dieser Region gelebt. Am Steg legt gerade ein kleines Motorboot an, mehrere Einheimische steigen mit Reisegepäck aus… waren sie in einem weiter abgelegenen Dorf jemand zu besuchen, wo nur über das Wasser erreichbar ist?? Tuktoyaktuk liegt nicht nur im nichts, es gibt auch nicht wirklich was zu sehen. In eine halbe Stunde haben wir ein paar schlammige Strassen durchgelaufen, um einen Eindruck zu bekommen, wie die Menschen hier leben. Am nächsten Tag fahren wir zurück Richtung Zivilisation!
Nach einem kurzen Aufenthalt in Dawson City, wo unser Body gründlich gereinigt wird, geht es weiter auf dem Top of the World Richtung Alaska.
Der Norden Kanada's in Zahlen:
• 21 Tage unterwegs
• 4'422 Km gefahren
• 0 Campgrounds
• 2 Pannen